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Mein Weg zu Godela Orff

Wintersemester 1953. Beginn meines Medizinstudiums an der LMU in München. Aber wo wohnen? Auch damals schon das große Problem. Schließlich fand ich durch Maklervermittlung in München-Gern eine „Studentenbude“.

Bei einer Frau Klotz sollte ich klingeln – so der Makler. Sie würde mir das Zimmer zeigen. Frau Klotz öffnete mir die Tür und sagte nach der Zimmerbesichtigung: „Wenn Sie sauber sind, können Sie hier einziehen. Für beide Parteien würde es nur ein Badezimmer geben und da käme es auf peinliche Sauberkeit an.“ Ich schien „sauber“ zu sein und „durfte“ einziehen. Sie „musste“ mir aber noch gleich voller Stolz ihren Sohn Florian zeigen, den sechsmonatigen, der auf dem Balkon spielte.

Godela Orff 1955 in ihrer Münchner Wohnung

Von Zeit zu Zeit besuchte ein „älterer Herr“ Frau Klotz. Wenn wir uns zufällig im Treppenhaus trafen, fragte mich dieser Herr jedes Mal, was meine Arbeit mache. Langsam begriff ich, dass dieser „ältere Herr“ der Komponist Carl Orff, Frau Klotz also seine Tochter, Godela Orff, sein müsse! Ich hatte zwar im Radio öfter Orff-Schulwerk-Sendungen gehört, war aber damals noch fernab der aktuellen Musikszene.

1959 heirateten wir! Carl Orff und meine Mutter, Elisabeth Büchtemann, geb. Scholefield, eine examinierte Konzertpianistin, waren Trauzeugen. Frau Klotz wurde also Frau Godela Orff-Büchtemann mit Künstlernamen Godela Orff und ihr siebenjähriger Sohn nach seiner Adoption durch mich Florian Christoph Büchtemann. Eine neue Familie war entstanden – eine neue Welt tat sich auf vor mir.

Die junge Familie bei einem gemütlichen Abendessen in Landsberg am Lech

Die Kindheit und Jugendzeit von Godela Orff war überschattet durch die allzu frühe Trennung der Eltern. Das Kind wurde mit dem Vater in München alleine gelassen. Die Mutter entzog sich ihrer Verantwortung und verfolgte lieber ihre Sängerkarriere in Australien. Ein tieftrauriges Kind nach der Trennung der Eltern blieb zurück!

Nach der Trennung der Eltern:
ein tieftrauriges Kind

Godela Orff verbrachte ihre ersten Kindheitsjahre bei ihrem Vater in der Maillingerstrasse in München-Neuhausen, in dem Geburtshaus von Carl Orff. Die Wohnung lag gegenüber den früheren Kasernenbauten, in denen des Öfteren „schön laut Trommel und schön falsch Trompete geübt wurde“ – wie Godela Orff in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich schrieb.

Auf dem Balkon in der Maillingerstrasse

Die Kasernen lagen gegenüber der Wohnung

Die frühe Tierliebe: Mit „Pinzi“ bei den Großeltern in Grafrath

Trotz allem: Es waren „äußerst lebendige und schöpferische Jahre“, wie Godela Orff schreibt.

„Der Vater donnerte von acht Uhr morgens bis 10 Uhr abends auf dem Flügel…“ Oft fragte der Vater seine Tochter nach ihrer Meinung: „Gefällt Dir dieser Akkord oder diese Passage besser? Da musste ich genau hinhören und war stolz, dass er etwas auf meine Meinung gab. Und das tat er wirklich. Und zwar immer.“

„Eine Bach’sche Fuge konnte unter seinen Händen…“

 

Alle Frühwerke von Carl Orff entstanden in der Maillingerstrasse: Der Mond, Die Kluge, das Orff-Schulwerk, Carmina Burana. 

Der junge Komponist

„Lohengrin!“

Godela war sieben Jahre alt, als der Vater sie zum ersten Mal in das Münchener Nationaltheater in die Oper “mitschleppte”: Lohengrin stand auf dem Programm.

Inspiration nach der Lohengrin-Aufführung: „Ich spiele Elsa von Brabant“

Video: Godela Orff liest Lohengrin in Andechs

Zum großen Kummer von Godela: sie konnte nicht bei ihrem Vater in München bleiben! Zu sehr war er mit seinem kompositorischen Schaffen beschäftigt. Zu den geliebten Großeltern wollte der Vater seine Tochter nicht geben. So kam sie über den Umweg mehrerer Volksschulen zu den Verwandten ihrer Mutter nach Hamburg. Das war für sie eine besonders schreckliche Zeit mit großen Ängsten. Godela fühlte sich allein gelassen, konnte ihren Vater nicht erreichen, ihn um Hilfe bitten. Auch körperlich wurde das Kind durch lange Fußmärsche zur Schule überfordert.

Der Gesundheitszustand des Kindes verschlechterte sich zusehends. Schließlich kam Godela in ein kleines Mädchenpensionat in die Schweiz, im Berner Oberland zu zwei älteren Damen, die sich liebevoll um sie kümmerten. Dennoch: Das Heimweh blieb.

Beim „Flötenunterricht!“ im Garten des Mädchenpensionats in Goldswil in der Schweiz

In der Schweiz zeigte sich bereits ihre künstlerische und schriftstellerische Begabung. Sie schrieb mehrbändige Kindheits- und Jugenderinnerungen in das von ihr phantasievoll gestaltete Tagebuch und „veröffentlichte“ mit 13 Jahren ihr „Weihnachtsspiel für meinen lieben, lieben…“ mit genauen Regieanweisungen, Illustrationen, Sprechchor und den typischen Satz- und Wortwiederholungen ihres Vaters.

 

Dennoch: Es gab auch glückliche Sommerferien bei ihrem Vater in München und bei ihren Großeltern.

Godela Orff mit ihren Großeltern, Paula Orff, geb. Köstler, und Oberstleutnant a.D. Heinrich Orff

Die Gabe des Inspirierens

 

Klavierspiel mit der Großmutter

 

„Ein einziges Mal sah ich ihn dirigieren“, schreibt Godela Orff. Damals war ich zwölf Jahre alt. Mein Vater studierte die Lukaspassion ein…

Carl Orff probt die Lukaspassion

„Ich war nur auf einer Probe, aber völlig überwältigt von seiner Fähigkeit, die Mitwirkenden zu beflügeln und über sich selbst hinauszuheben. Es herrschte eine unglaublich angespannte Atmosphäre. Im Saal wurde eine Passion geprobt, und draußen grölten SA-Einheiten das Horst-Wessel-Lied. Mein Vater erzählte, dass ihn damals ein ahnungsvolles Grauen überfallen habe – der Mob überbrüllte die Kultur!“, schreibt Godela Orff in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich. Collage des Audio-Files: Michael Rüggeberg.

Ein einziges Mal sah ich ihn dirigieren…

Die Vorfahren von Godela Orff

Godela Orff entstammte einer Familie von Gelehrten, Mathematikern, Astronomen, Offizieren, Pädagogen, Musikern.

Carl von Orff 1828-1905

Carl Orff schreibt in seiner achtbändigen Dokumentation: „Carl Orff und sein Werk“: “Die überragende Gestalt, auch schon rein körperlich, war mein Großvater Carl von Orff. Als Generalmajor trat er in den Ruhestand, um sich ganz der Geodäsie, Mathematik und Astronomie zu widmen.“

Karl Köstler 1837-1924

Carl Orff schreibt: „Nach der Tradition Offizier, musste er wegen eines Augenleidens den Dienst als Generalmajor quittieren und lebte dann nur mehr seinen historischen Arbeiten. Er schrieb das mehrbändige „Handbuch für Gebiets- und Ortskunde des Königreiches Bayern”.

Paula Orff, geb. Köstler (1872-1960)

Godela Orff schreibt: „Meine Großmutter war durch und durch eine künstlerische Natur. Mit 12 Jahren erlangte sie bereits Konzertreife als Pianistin! Es war daher selbstverständlich für sie, dass ihre Kinder Mia und Carl ab dem fünften Lebensjahr im Klavierspiel und in den Grundlagen der Harmonielehre von ihr unterrichtet wurden.“

Oberstleutnant a.D. Heinrich Orff (1869-1949)

Carl Orff schreibt: „Mein Vater war Offizier mit Leib und Seele. Aber sein häuslicher Kreis, Frau und Kinder, gingen ihm über alles. Er spielte im Streichquartett die Bratsche. Als er im Krieg ein Regiment führte, war er so recht wie im Frieden. Seine Soldaten liebten ihn.“

Der Vater, Carl Orff, das weltweit bekannte Genie!

Die Mutter, Alice Solscher

Alice Solscher war eine hochbegabte Sängerin und Pädagogin. Eine Künstlerin, die an „beiden Enden brannte“, wie Carl Orff sagte. Auch sie war eine glänzende, von ihren Schülern geliebte Pädagogin für Sprache und Gesang.

In Godela Orff vereinten sich diese Gaben und Talente zu höchster Vollendung!

Godela Orff war eine begnadete Künstlerin, eine wegweisende Pädagogin, eine suchende, religiöse Frau, eine liebende, aufopfernde Mutter. Sie war couragiert gleich ihrer Mutter, Alice Solscher. Sie sagte, was sie dachte, auch wenn es für den Betroffenen nicht immer angenehm war. Sie konnte herzlich lachen, hatte viel Witz und großen Charme. Godela Orff blieb trotz ihrer Talente ein äußerst bescheidener Mensch. Im Umgang mit anderen Menschen ließ sie niemals ihre geistige Überlegenheit durchblicken.

„Die Seherin“ Godela Orff…

Ihre seherische Begabung zeigte sich auch in ihrer treffsicheren Beurteilung von Schriften! Das wurde speziell in meinem Leben zur schicksalhaften Bedeutung!

Godela Orff hatte den „sechsten Sinn“. Sie wusste im Voraus, was passieren würde. Das galt speziell auch für ihre Beziehung zu ihrem Vater.

1937: Uraufführung der Carmina Burana

Godela Orff begleitete ihren Vater Carl Orff zur Welturaufführung seiner Carmina Burana am 8. Juni 1937 in Frankfurt a.M.

Mit dem Vater bei der Uraufführung seiner weltweit bekannten Carmina Burana in Frankfurt a. M.

Erste Berichterstattung der stolzen Tochter an ihre Großeltern mit dem berühmten Zitat des Vaters: „Die Übertragung soll Scheiße gewesen sein…. Godela fühlt sich hier im Glanze sehr wohl. Niemand hat geglaubt, dass das Stück so stark auf der Bühne wirkt. Die Presse überbietet sich in Lobeshymnen. Alles andere dann mündlich. Bis bald C.“

 

Es folgte die zweite Aufführung des Werkes vier Tage später. Godela Orff schreibt in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich: „Die Spitzen der Partei, wir sind ja im Dritten Reich, sitzen im Zuschauerraum. Sie werden entscheiden, ob man dieses Stück genehmigen könne. Der erste Teil verklingt… Der Dirigent macht eine Pause, wartet oder hofft auf Applaus – alles still – eisiges Schweigen. Da ertönt aus der Proszeniumsloge neben der Bühne eine helle, durchdringende Stimme (von der jungen Godela Orff) voller Empörung: „Warum klatschen denn die Scheißkerle nicht!“ (gemeint waren die Nazibonzen, die über die Zukunft eines Stückes zu entscheiden hatten!). Atemlose Stille im Zuschauerraum. Die Spannung zerreißt, der Applaus brandet mit befreiendem Lachen auf. Die Vorstellung ist gerettet.“ Der weltweite Siegeszug der Carmina Burana begann seinen Lauf rund um die Welt.

“Warum klatschen denn die Scheißkerle nicht!”

 

Nach der Uraufführung der Carmina Burana: Glücklich! – aber erschöpft. Der Vater ruht auf der Schulter seiner Tochter

Mit 16 Jahren kam Godela Orff zu ihrem Vater nach Hause zurück. Sie wollte Ärztin werden! Aber der Vater hatte kein Geld für ein Studium und machte ihr schon frühzeitig klar, dass sie Schauspielerin werden solle und sich um ein Stipendium an der Staatlichen Schauspielschule bemühen müsse. Sie sollte möglichst schnell ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Der Vater erkannte ihre „Theaterbegabung“. Hatte sie doch schon ganz früh in den Schulen Theater gespielt – natürlich die „Hauptrollen“ – wie sie sagte.

Die große Schauspielerkarriere der Godela Orff

Sie folgte ihrem Vater und begann mit 16 Jahren ihre Ausbildung zur Schauspielerin. Als eine von 400 Bewerbern wurde sie in der Staatlichen Schauspielschule in München aufgenommen!

Hier ein Dokument aus ihrer Ausbildungszeit: „Ich sollte einem Prüfungsgremium vorsprechen…“

Die junge Schauspielschülerin Godela Orff

Noch in ihrer Ausbildungszeit wurde Godela Orff am Bayerischen Staatsschauspiel in München mit Hauptrollen betraut! Mit 18 Jahren war sie bereits festes Mitglied dieses Theaters und spielte sehr bald in den großen Klassikern im „Alten Prinzregententheater“, dem heutigen Cuvilliétheater, in dem man flüstern konnte und doch überall verstanden wurde – wie Godela Orff schreibt.

Godela Orff als Luciana in der Komödie der Irrungen von William Shakespeare am Bayerischen Staatsschauspiel

„Die junge Künstlerin – Godela Orff war erst 18 Jahre alt – besitzt in hohem Grad die Kunst der verzauberten Seele und gehört dank ihres starken, szenischen Instinkts zu den meist versprechenden Bühnenbegabungen unter dem heutigen Nachwuchs.“ So die Augsburger Zeitung.

Godela Orff als Jenny Lind


Godela Orff als Jenny Lind mit Albert Lippert, 1940. Bildrückseite: Handschriftliche Notiz von Godela Orff

„Diese Jenny Lind entschied den starken Erfolg der Aufführung“ – so die Neue Augsburger Zeitung vom 24.10.1940. Godela Orff als Jenny Lind bei der Uraufführung vom Gastspiel in Kopenhagen von Friedrich Forster im Residenztheater München.

Godela Orff erobert die Presse. Wer in der Tageszeitung, z.B. dem “Münchner Abendblatt” skizziert wird, hat öffentliches Interesse gefunden. Godela Orff war mit einem Schlag berühmt. Vielleicht sogar zu einem gewissen Ärgernis beim Vater, den in München zu der damaligen Zeit noch keiner kannte – wie Godela Orff mir erzählte!

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Godela Orff war erst 20 und spielte bereits die Gertrud Crampton in Gerhart Hauptmanns gleichnamigem Stück in dem von ihr so geliebten Residenztheater in München.

Godela Orff als Gertrud Crampton in Gerhart Hauptmanns Kollege Crampton im Residenztheater München, 1941


Aus dem Programmheft des Bayerischen Staatsschauspiels Residenztheater in München steht unter dem 27. Februar 1941


Godela Orff als Prothoe in Penthesilea von Heinrich von Kleist

1941: Eine ihrer stärksten Leistungen war die Prothoe in Penthesilea von Heinrich von Kleist.
Die Presse schreibt am 15.12.1941: „Eine Leistung, die besonders genannt werden muss: die Prothoe Godela OrffsEiner Penthesilea Freundin zu sein, fordert nicht nur dienendes Maß. Prothoe, auf der Brücke zwischen sich selbst und der Königin, zwischen Aufgeben und Gewinnen hin- und her geschüttelt, auch eine echte Kleistsche Gestalt. Sie darzustellen, bedarf es eines vollen dramatischen Klangs. Godela Orff fand ihn, so im großen Kreis der wetteifernden Spieler, die offensichtlich das mächtige Werk hochriss und beglückte, die Würde der Darstellung heiß und hell noch einmal in ihrer Person heraushebend.“

Godela Orff spielt Hebbels Agnes Bernauer.
Carl Orff schreibt in seiner Dokumentation Carl Orff und sein Werk (Hans Schneider, Tutzing): „Meine Tochter hatte das Glück, gleich von der Schauspielschule weg ein Engagement am Bayerischen Staatsschauspiel zu bekommen, wo sie bald in ihrem Fach zu größeren Aufgaben herangezogen wurde. So erhielt sie schon im zweiten Jahr eine Haupt- und Titelrolle, Hebbels Agnes Bernauer.“

Godela Orff in der Haupt- und Titelrolle als Agnes in Hebbels Agnes Bernauer, 1942


Theaterkritiken Godela Orff als Agnes in Hebbels Agnes Bernauer 1942

Carl Orff schreibt für seine Tochter Die Bernauerin.

 Godela Orffs außergewöhnlichen Theatererfolge, speziell „ihre“ „Agnes“ in Hebbels Agnes Bernauer, inspirierten ihren Vater, ein „bayerisches Stück, ein Festspiel für München“ zu schreiben. So hatte die Tochter ihren Vater zu einem neuen Werk inspiriert – wie sie in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich schreibt.

1947: Welt-Uraufführung Die Bernauerin mit Godela Orff in der Titelrolle – mit großem Erfolg bei Publikum und Presse!

Godela Orff in der Titelrolle als Agnes bei der Uraufführung der Die Bernauerin


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Godela Orff und Friedrich Schoenfelder bei der Welt-Uraufführung der Die Bernauerin am 14. Juni 1947 in Stuttgart

Die Presse scheibt: Godela Orff in der Titelrolle als Agnes bei der Uraufführung der Die Bernauerin am 14. Juni 1947. Württembergische Staatstheater Stuttgart. Die Schwäbische Landeszeitung über die Uraufführung am 20.06.1947 in Stuttgart: „Aus Godela Orff sprach das Urgeheimnis der bayerischen Lautmalerei in ihrer rhythmischen Biegsamkeit und Klangfülle aus jedem Absatz: Sie war eine Bernauerin, die aus dem jahrhundertealten bayerischen Mimus und Dialekt ihre Gewalt bezog – eine beglückende Verkörperung dieser Rolle.“

Für die Interpretation der „Agnes“, so Godela Orff, war es wichtig, die Figur der „Agnes“ ganz aus dem „Sein“ zu gestalten, ohne den „Schein“ hilfreicher Äußerlichkeiten. Die fast gänzlich schweigende Anwesenheit der „Agnes“ während des ersten Teiles verlangt absolute Konzentration „im Da-Sein“, in der Ausstrahlung. Godela Orff sagt:

Konzentration „im Da-Sein“


Audio: Konzentration im „Da-Sein“

Großer Erfolg für Godela Orff und das Ensemble!
Es war die erste Welturaufführung nach dem zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden. Erstmals wieder vor einem internationalen Publikum!
Ein Stück Zeitgeschichte: Zwei Jahre nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg wird Die Bernauerin von Carl Orff uraufgeführt. “DIE NEUE ZEITUNG“, Eine Amerikanische Zeitung für die deutsche Bevölkerung“ bildet auf ihrer Titelseite Godela Orff ab und schreibt: „Godela Orff, die Tochter des Komponisten Karl Orff, die in dem neuen Werk ihres Vaters „Die Bernauerin“, in Stuttgart mit großem Erfolg die Titelrolle verkörperte.“ (Foto: Laun)

Ein eindrucksvolles Dokument: Godela Orff auf der Titelseite der amerikanischen Zeitung für die deutsche Bevölkerung, 1947

Godela Orff spielte Die Bernauerin 10 Jahre in München im Prinzregententheater. Hier wurde Die Bernauerin endlich auch als „Festspiel für München“ aufgeführt – wie es sich der Vater erträumt hatte, so Godela Orff in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich.

Godela Orff als Agnes Bernauerin, Badmagd und Riberin, im zweiten Teil des Werkes als Duchessa

Godela Orff und Hans Bauer als Herzog in Baiern und Graf zu Voheburg

Video: Godela Orff und Die Bernauerin

Filmdokument: Szenen aus dem Jutta Netzsch-Film, 1995: „Zum 100. Geburtstag von Carl Orff“, Teil 1 – Godela Orff und Die Bernauerin

Godela Orff erlebte eine Traumkarriere ohne Mühe – wie sie in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich schreibt. Sie war aber auch „sehr fleißig“. Es waren stürmische Zeiten. Der zweite Weltkrieg war in vollem Gange. Die Schauspieler mussten trotz vieler Entbehrungen, kriegsbedingten Wohnungszerstörungen weiterspielen, durften sich von den Grauen des Krieges nichts anmerken lassen. Das Publikum sollte abgelenkt werden – so die Nazi-Propaganda im Dritten Reich! Godela Orff schreibt: „Wenn es ein trauriges Stück war, hatte man traurig zu sein, wenn es ein lustiges war, hatte man lustig zu sein. Da lernte man Disziplin.“

Godela Orff 1937

Wenn Godela Orff auf die Bühne trat, sich das Scheinwerferlicht auf sie richtete – so erzählte sie – ging ob ihrer Schönheit ein Raunen durch das Publikum. Es wurde still im Zuschauerraum. Von da an war sie nicht mehr „Godela Orff“. Sie identifizierte sich mit ihren Rollen. Alles Unwesentliche fiel ab von ihr.

Das überragende Gedächtnis von Godela Orff half ihr wesentlich bei ihrem Rollenstudium im Theater. So konnte sie sich z.B. über Nacht einen ihr vorher gänzlich unbekannten Text merken, um am nächsten Tag ohne weitere Proben die Hauptrolle eines Stückes zu spielen, wenn eine Kollegin ausfiel und Godela Orff übernehmen musste.

1957: Trotz aller Erfolge – Godela Orff tritt ab von der Bühne!

Selbst das Angebot eines Gustav Gründgens, nach Berlin in sein Ensemble zu kommen, konnte sie nicht locken. Zu der Zeit gehörte auch ihre Mutter, Alice Solscher, zum Ensemble (u.a. in der Rolle der Frau Marthe in Goethes Faust).

Die Lebensentscheidung seiner Tochter, sich vom Theater zurück zu ziehen, war für den Vater absolut unverständlich. Er konnte nicht begreifen, dass seine Tochter nach ihren spektakulären Erfolgen im Theater nicht alles dransetzte, weiter Karriere zu machen. Stattdessen entschied sie sich für ein neues Leben und erfüllte sich damit ihren eigentlichen Lebenswunsch nach einer Familie mit Mann und Sohn und ihren geliebten Tieren.

 

Dennoch: man holte sie zurück!

1957-1959: Weltweit erste Live Fernseh – Serienproduktion des Orff-Schulwerk mit Godela Orff und Gunild Keetman im Bayerischen Rundfunk (BR)

Der Bayerische Rundfunk (BR) erteilte Godela Orff den Auftrag, zusammen mit Gunild Keetman, der Mitbegründerin des Orff-Schulwerk, die weltweit erste Live-Fernsehserie des Orff-Schulwerk: „Musik für Kinder“ zu produzieren. Es waren 18 Live-Sendungen, die einer sorgfältigen Vorbereitung mit Auswahl der Orff-Schulwerkstücke und der mitwirkenden Kinder bedurften! Godela Orff erwähnte beiläufig im Gespräch, dass ihre Souveränität, live vor der Kamera zu stehen, ohne ihre Theaterzeit nicht möglich gewesen wäre. Für die bescheidene, hoch begabte Flötistin Gunild Keetman, war es besonders schwer, sich ungeniert vor der Kamera zu bewegen.

Die beiden großen Pädagogen, Godela Orff und Gunild Keetman, schafften es souverän, die Kinder zu führen, zu begleiten und zu Höchstleistungen zu animieren – mit Musik, Tanz und – Spass!

Godela Orff bei der Live-Fernsehserie der 18-teiligen Sendung: „Musik für Kinder“ im Bayerischen Fernsehen, 1957-1959

Godela Orff und Gunild Keetman bei der Live-Fernsehserie „Musik für Kinder“, 1957-1959

Orff-Schulwerk – Musik für Kinder

 

Audio: Carl Orff und Godela Orff über das Orff-Schulwerk

Ausschnitte aus dem Hörbuch Mein Vater Carl Orff und ich

Grundlage des Schulwerks

 

Audio: „Musik für Kinder gehört in die Schule…“
Aus einem Vortrag von Carl Orff zum
Orff-Schulwerk:
„Ohne Gunild Keetman wäre das Orff-Schulwerk nie entstanden…“          

 

„Das Schulwerk beginnt… und endet mit Goethes Walpurgisnacht…“

 

Godela Orff schreibt:
Wer es einmal geschafft hat, zu hören und zu fühlen, wie Musik und Sprache eins sind, dem öffnen sich herrliche neue Räume. Das Schulwerk führt uns dahin. Das Schulwerk ist aus der elementaren Musikerziehung nicht mehr wegzudenken, es wurde inzwischen in achtzehn Sprachen übersetzt.

Godela Orff liest Orff-Schulwerk für die Schallplatte

Godela Orff übernahm die Sprechstücke des gesamten Orff-Schulwerk für eine Schallplatten-Produktion 1963-1975. „…war sie doch mit der sprachlichen Diktion ihres Vaters bestens vertraut“, wie sie in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich schreibt. Regie Carl Orff und Gunild Keetman.

1969-1975: Godela Orff lehrt am Orff-Institut in Salzburg

Godela Orff erhielt vom Mozarteum in Salzburg den Auftrag, im neu gegründeten Orff-Institut in Anif bei Salzburg eine neue Abteilung für „Sprecherziehung und Sprachgestaltung“ in Verbindung mit dem Orff-Schulwerk aufzubauen. Godela Orff schreibt in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich: „Ich war unversehens Dozentin geworden! Ohne meine 20jährige Theaterzeit wäre das natürlich nicht möglich gewesen. Da es keine Unterrichtsanleitung auf dem Gebiet „Sprache mit Musik“ gab, konnte ich meiner Phantasie freien Lauf lassen, ausprobieren, improvisieren. Es bereitete mir das größte Vergnügen; ebenso den Studenten, die alle Versuche begeistert mitmachten. Schließlich spielten wir auch mit Hingabe und Fleiß Theater. Und mit Erfolg!“

Godela Orff im Orff-Institut in Salzburg

Godela Orff beim Unterrichten am Orff-Institut in Anif bei Salzburg, 1969-1975

Audio: Da es keine Unterrichtsanleitung auf dem Gebiet „Sprache mit Musik“ gab…

1992: Godela Orff veröffentlicht ihr Buch: Mein Vater Carl Orff und ich 

Der frühere Verleger des renommierten Piper-Verlages in München animierte Godela Orff, ein Buch über ihre Theaterkarriere und genauso über ihre Beziehung und das Erlebte mit ihrem Vater zu schreiben. Das Buch zeigte sofort großen Erfolg! Bereits 1995 erfolgte die zweite Auflage bei Piper. Rasch wurde auch die dritte Auflage erforderlich. Wegen anderer Schwerpunkte im Piper-Verlag, erfolgte die dritte Auflage 2008 – jetzt mit neuem Layout und Bildmaterial im Henschel-Verlag.

Das Interesse an dem Buch war gewaltig. Immer wieder wurde Godela Orff gebeten, aus daraus zu lesen: Man wollte sie persönlich erleben. Mit ihrem Temperament, ihrer Lese- und Interpretationskunst: In München vor Hörern des Blindenvereins e.V., in Berlin vor jungen Schauspielern.

Auf Schloss Elmau mit der Cembalistin Anna Barbara Speckner. Es waren Höhepunkte an Inspiration und Spontaneität. Beide waren Meister ihres Fachs.

Blitzschnelle Reaktionen bei Fragen aus dem Publikum

Hörbuch: Godela Orff, Mein Vater Carl Orff und ich

Godela Orff schreibt im Booklet zu ihrem Hörbuch: „Immer wieder bin ich gebeten worden, von meinem Vater zu erzählen, und ich habe dies gerne getan. Weil ich weiß, daß ich das irgendwann einmal nicht mehr tun kann, darum habe ich das Buch geschrieben… Allein mir fehlte die Musik, über die ich in meinem Buch schrieb, die ich in meinem Inneren vernahm, meine Zuhörer aber nicht“. So entstand dieses Hörbuch.

Hörbuch-Cassette mit drei CDs

1998: Godela Orff erzählt und stellt vor: Carl Orffs „Kleines Welttheater“ Der Mond. (Musikverlag Max Hieber KG)

Ausgezeichnet mit dem Medienpreis Leopold 1999 des Verbandes deutscher Musikschulen. Musikbearbeitung: Michael Rüggeberg

Godela Orff in Fernsehproduktionen

Immer wieder wurde Godela Orff von Fernsehanstalten gebeten, aus ihrem Leben zu erzählen:

1979: SWR: „Ich trage einen großen Namen“
Mit Hans Gmür und Rateteam
1992, 1993: Bayerisches Fernsehen: Dreiteilige Sendereihe „Unter unserem Himmel“
Mit Jutta Netzsch und Journalisten des Bayerischen Rundfunks.
2003: Bayern alpha: Interview mit Dr. Ernst Emrich
2005: arte-Interview zum 100. Geburtstag von Carl Orff

Die Audiothek der Godela Orff: Wenn Sprache Musik wird

Historisch: Godela Orff liest bei den Salzburger Festspielen 1949.

Aus Anlass des 200. Geburtstages von J.W.v.Goethe wurde Godela Orff eingeladen, eine Lesung über Goethes Briefwechsel mit einem Kinde von Bettina von Arnim zu halten. Sie schreibt dazu in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich: „Nach meiner Lesung, bei der ich das Gefühl hatte, die Zuhörer mit Bettinas Briefen zu erreichen, sagte mein Vater: „Du hast nicht vorgetragen – Du warst Bettina – Ihr wart eins.“ Ja, so hatte ich es gefühlt. War das verwunderlich? Bettinas Leben wurde von ihrer Liebe zu Goethe geprägt – meines von der Liebe zu meinem Vater…“

Der Lesungstext ist dem Verlagsbuch H. E. Günther & Co. Stuttgart Die Parthenon Bücher aus dem Jahr 1947 entnommen.

Ein Dokument atemberaubender Interpretationskunst der Godela Orff: 

Die Blinde

von Rainer Maria Rilke

Godela Orff hat sich jahrelang mit dem Leben blinder Menschen beschäftigt. Mit ihrer hohen Sensibilität, Sprech- und Deklamationskunst, ihrem Eifer, auch nichtsehende Menschen zu erreichen, hat sie auch diese Menschen beschenkt.

Mach Licht! Mach Licht!  Ich schrie es oft im Traum.“ Diesen Schrei aus der Lesung wird man kaum vergessen…

Der Text ist dem Das Buch der Bilder von Rainer Maria Rilke entnommen, Insel-Verlag 1928.

Virtuos von Godela Orff gelesen:

Drei-Minuten-Geschichten

von Hanna Hanisch

Virtuos und mit spürbar größtem Vergnügen liest Godela Orff zwei Geschichten von Hanna Hanisch. Eingeleitet durch die „Mäuschenmusik”, einer schmissigen Polka, des jungen Komponisten Wilfried Hiller am Klavier, u.a. mit Karl Peinkofer am Schlagzeug.

Die Texte wurden dem Rowohlt Taschenbuch (1978) entnommen.

 

Godela Orff liest aus

Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach

von Esther Meynell
Mit Musik von J.S. Bach

Godela Orff schreibt zu dieser Aufnahme:

Die englische Schriftstellerin Ester Meynell veröffentlichte 1930 Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach. Es sind sehr lebendige Erinnerungen an Anna Magdalenas 30jährige Ehe mit dem großen Thomaskantor Johann Sebastian Bach. Sie erzählt von seiner unermüdlichen Arbeit für die Musik, seiner Strenge sich selbst und anderen gegenüber und von seiner tiefen Frömmigkeit.

Dieses Buch hat mich stets ergriffen und begeistert, und ich habe es immer wieder – natürlich in von mir gekürzter Form – in öffentlichen Lesungen vorgetragen. Es ist mir eine große Freude, nunmehr auf dieser CD auch die herrliche Musik von J.S.Bach erklingen zu lassen, die den Text noch weiter erhöht.

„Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.“ Dieser Satz aus der Luther Bibel, den Bach seiner Familie wiederholt vorlas, scheint mir über dem Leben der Anna Magdalena Bach zu stehen bei ihrer bedingungslosen Hingabe an ihren genialen Mann, ihre große Familie und seine Musik. 

Es ist eine Aufnahme, die man mit dem Herzen hören sollte…

Textauswahl und Interpretation: Godela Orff. Musik: J.S.Bach. Musikauswahl: Godela Orff, Michael Rüggeberg, Gerhard Büchtemann. Gesamtspielzeit: 62:15 Minuten.

Der Text wurde dem Buch Meynell Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach entnommen, Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford, 1985.

Werke und Interpreten:

Track 1
Einführung
Track 2
„Fantasie g-moll“ (Orgel). BWV 542. Karl Richter an der Orgel der Jægersborg-Kirche bei Kopenhagen,1964. D.G. 431 866-2. (1:09)
Track 3
„Willst Du dein Herz mir schenken“ aus dem Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach.1966. BWV 518. Elly Ameling deutsche harmonia mundi. GD 77150. (0:35)
Track 4 
„6. Brandenburgisches Konzert.“ BWV 1051. Münchener Bach-Orchester, Karl Richter. München, Schloss Schleißheim,1970. DG 004400734147. (0:45)
Track 5
Choral „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ aus der Matthäus-Passion. BWV 244. Münchener Bach-Chor, Regensburger Domspatzen, Münchener Bach-Orchester, Karl Richter. München, Herkules-Saal, 1979. D.G 427704-2. (2:29)
Track 6
Rezitativ (Alt) „Ach, Golgatha“ aus der Matthäus-Passion. BWV 244. Janet Baker (Alt), Münchener Bach-Orchester, Karl Richter. München, Herkules-Saal, 1979. D.G 427704-2. (1:40)
Track 7
„Menuett“ aus der 1. Orchestersuite C-Dur. BWV 1066. The English Concert Trevor Pinnock. Archiv Prod. D.P. 423493-2. (0:47)
Track 8
„Dreistimmige Invention C-Dur“. BWV 788. Glenn Gould, Klavier. Moskau, 1957. Sony CB 751 CDM CP SMK 52685. (1:02)
Track 9
„Fuge h-moll“ (Orgel). BWV 544. Karl Richter an der Orgel der Jægersborg-Kirche bei Kopenhagen, 1967. D.G. 431866-2. (0:59)
Track 10
Choralpartita „O Gott, du frommer Gott” (Orgel). BWV 767. Karl Richter an der Orgel der Jægersborg-Kirche bei Kopenhagen, 1969. D.G. 431 866-2. (1:05)
Track 11
„Badinerie“ aus der 2. Orchestersuite h-moll. BWV 1067. Wolfgang Schulz, Flöte, Stuttgarter Kammerorchester, Karl Münchinger, 1986. Decca 440 255-2. (0:56)
Track 12
„Präludium a-moll“ (Orgel). BWV 543. Karl Richter an der Orgel der Jægersborg-Kirche bei Kopenhagen, 1967. D.G. 431 866-2 (1:34)
Track 13
Choralvorspiel Kommst du nun, Jesu, vom Himmel (Orgel). BWV 650. Karl Richter an der Orgel der Jægersborg-Kirche bei Kopenhagen 1967. D.G. 431 866-2. (01:12)
Track 14
„Contrapunctus 1“ aus Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Juilliard String Quartet. Washington, D.C. 1987. Sony S 2 K 45 937. (01:33)
Track 15
„Sinfonia“ aus der Kantate Ich hatte viel Bekümmernis. BWV 21. Münchener Bach-Orchester, Karl Richter. München, Herkules-Saal, 1969. Archiv Prod. 439 380-2. (1:02)
Track 16
Choral „Vor Deinen Thron tret’ ich hiermit” aus Die Kunst der Fuge. BWV 1080. Juilliard String Quartet. Washington, D.C., 1987. Sony S 2 K 45 937. (1:09)
Track 17
Chor „Magnificat”. BWV 243. Münchener Bach-Orchester, Karl Richter, 1962. D.G. 419 466-2 GGA. (1:01)
Track 18
Choral „Komm, o Tod, du Schlafes Bruder“ aus der Kreuzstabkante Ich will den Kreuzstab gerne tragen. BWV 56. Münchener Bach-Chor, Münchener Bach-Orchester, Dietrich Fischer-Dieskau, Karl Richter. München, Herkules-Saal, 1969. Archiv Prod. 439 395-2. (2:09)

Lehrerfortbildungsseminare an bayerischen Gymnasien

Immer wieder wurde Godela Orff gebeten, Gymnasiallehrern beim Unterrichten zu helfen. So auch in München. Am Starnberger Gymnasium übernahm sie die Schirmherrschaft für die Schüler- und Lehreraufführung der Die Bernauerin. Besondere Ehrungen und hohe Wertschätzung erfuhr Godela Orff in der Lehrerfortbildungsstätte in Alling.

 

Dank an Godela

Godela Orff – das Multitalent:

Godela Orff dichtete, schrieb Märchen, zeichnete, modellierte…

Die Geschichte von Anni und die Katze, Das Rosenelflein, Der Jüngling und das Rehlein – alles muss leider unveröffentlicht bleiben, weil sie es so wollte!

Godela Orff arbeitete bis in ihre letzte Lebenszeit hinein an ihrem Buch Anni und die Katze. Bis zuletzt diktierte sie mir neue Kapitel für dieses Buch. Leider blieb es doch unvollendet. Dieses Buch mit seiner Strahlkraft, seinem Mut zu immer neuem Aufbruch der Protagonistin „Anni“ hätte beim heutigen Publikum sicher zu einer starken Resonanz geführt!

Titel Anni und die Katze

Die Katze – von Godela Orff modelliert

Godela Orff, die Architektin

Genau nach ihren Plänen entstanden unter ökologischen Leitlinien ihr Wohnhaus und ein Studio für ihren Sohn auf dem von ihrem Vater ererbten Grundstück in Unteralting.

Das Wohnhaus auf der grünen Wiese

Das Studio für den Sohn

Hier in dem für ihren Sohn gestalteten, lichtdurchfluteten Studio kam sie zur Ruhe, hörte Musik und schrieb ihre Bücher

Über dem Hauseingang hing das Orff-Wappen! Paula Orff schrieb in den zwanziger Jahren dazu diese Erläuterung

Liebe zu den Tieren

Godela Orff liebte ihre Tiere. Besonders die Katzen, genauso den sie treu begleitenden Schäferhund “Dido”. Erst spät entdeckte sie den Zauber der Island-Pferde.

“Dido”, ihr treuer Begleiter

Mit 86 Jahren noch „hoch zu Ross“ auf „Kaspar“, dem braven Isländer – assistiert von dem Besitzer,
RA Putz und seiner Frau, Grafrath 2007

Beschäftigung mit Philosophie und Religionswissenschaft

Godela Orff schreibt: „Ich hatte mich schon seit langem mit Philosophie und Religionswissenschaft beschäftigt. Nichts hatte mich mehr gefesselt, als die vielfältigen Wege, die die Menschheit geht, um den Sinn von Leben und Tod zu ergründen…“.

Godela Orff beim Meditieren im Studio ihres Sohnes

Ihre Bibliothek war gefüllt mit religionsphilosophischen Werken. Sie beschäftigte sich und praktizierte auch das Yoga – als geistige Haltung, als Kraftquelle für Leib und Seele. Mit Atmung und Bewegungstherapie.

Godela Orff suchte auch den Kontakt zu Hans Küng, dem großen Theologen und beschäftigte sich mit seinem Weltethos zur Völkerverständigung zwischen Christen, Juden und dem Islam. „Macht Schwerter zu Pflugscharen“ – Hans Küng wies eindringlich auf das Mahnmal vor dem UNO-Hauptgebäude in New York hin und beschwor, die Waffen weltweit abzulegen und den Hungernden ihr Brot zu geben.

Gespräche mit dem Vater über Religion und Orffs letztem Werk: De temporum fine Comoedia…

Carl Orff und Godela Orff

Beide beschäftigten sich lebenslang mit den Fragen des „Nachher”. Franz von Assisi, der bedingungslos glaubte und liebte, war für beide ein Vorbild. Carl Orff komponierte den Acapella-Chor: den Sonnengesang des Hl. Franziskus.

Audio: Ich hatte mich schon seit langem mit Philosophie…“

Godela Orff schreibt in ihrem Buch Mein Vater Carl Orff und ich: „Als mein Vater älter wurde, bedrängten ihn Fragen des Sterbens – des Todes – des „Nachher“.

In dieser Zeit schrieb Carl Orff sein letztes Werk: De temporum fine Comoedia – Das Spiel vom Ende der Zeiten – Vigilia. Immer wieder bat der Vater seine Tochter zu sich nach Dießen, um mit ihr dieses religionsphilosophische Werk auszuloten. Carl Orff kannte die Kompetenz seiner Tochter – auch in Fragen der Religion, der letzten Dinge.

Bühnenbild: De temporum fine Comoedia Die Erscheinung des Luzifer.

Bühnenbild: De temporum fine Comoedia – Die Erscheinung des Luzifer, Salzburger Festspiele 1973

„Das Ende aller Dinge wird aller Schuld Vergessung sein…“
Dieses Bekenntnis von Carl Orff – in seinen De temporum fine comoedia – Das Spiel vom Ende der Zeiten – Vigilia: Hier wird es deutlich:

Audio: Godela Orff führt durch De temporum fine Comoedia von Carl Orff

Godela Orff war es wichtig, dieses schwierige Werk einem breiten Publikum leichter zugänglich zu machen. Mit dem Komponisten, Oboeisten und Regisseur Michael Rüggeberg entstand eine Interpretation dieses Werkes auf Basis der Uraufführung der Salzburger Festspiele am 20. August 1973 unter der Leitung von Herbert von Karajan, in der Regie von August Everding, der Einstudierung durch Gerhart Lenssen.

Michael Rüggeberg

Abschied von Carl Orff

Für Carl Orff begann die letzte Lebenszeit. Godela Orff besuchte ihren Vater in der Klinik so oft sie konnte und begleitete ihn bis zu seinem Lebensende.

Letzter Dialog zwischen dem Vater und seiner Tochter

Audio: Wenn ich sterbe, sollst Du bei mir sein

„…Am 29. März 1982 schläft mein Vater für immer ein.”

Requiem in der Theatinerkirche St. Kajetan in München. Beisetzung – auf Wunsch von Carl Orff – in der Gruft des Klosters Andechs.

Reise zum Sohn nach Kalifornien

Mitte der 1990er Jahre reiste die Mutter zu ihrem Sohn nach Kalifornien! Sie wollte Christophs neue Heimat und sein kalifornisches Zuhause in Santa Barbara erleben. Auch ich flog zu Weihnachten und zum Jahreswechsel 1995/1996 zu ihm. Wir erlebten Spektakuläres mit Christoph. Er scheute keine Mühe. Wir sollten „alles“ sehen und erkunden, was für ihn in seiner zweiten Heimat wichtig war. Es waren Tage unvergesslicher Eindrücke. Hier einige Dokumente seines kalifornischen Instituts mit Christophs Kommentaren!

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„busy-Büchti“ – wie Christoph genannt wurde

Die Mama beim Kochen, der Sohn beim „Wienern“ – wie er immer sagte

Wir kamen auch an den Pazifischen Ozean!

Hier entstand das bedeutsame Bild: Mutter und Sohn schauen in die unendliche Weite des Pazifiks. Ob die „Seherin“ Godela Orff ahnte, dass dieses Bild vier Jahre später auf dem Deckblatt einer Gedenkschrift für ihren Sohn stehen würde, betitelt mit ihrer visionären Botschaft:

“Letztlich schauen wir in den Himmel“

In der Silvesternacht 1995/1996 brach ein Unwetter über uns herein. Ein Vorbote der sich nahenden Ereignisse? Es krachte, blitzte, stürmte und goss wie aus Kübeln. Es war beängstigend. Am nächsten Morgen dann das Inferno: Beschädigungen am Haus, umgestürzte Bäume, verwüstete Wiesen und Beete. Das Bild von Christoph zeigt eine der Zerstörungen.

Der frühe Tod von Christoph Florian Büchtemann, ihres über alles geliebten Sohnes am 12. Dezember 2001 in Berlin als Folge einer unheilbaren Krankheit war für die Mutter das schmerzlichste Ereignis in ihrem Leben. Aber sie ertrug auch dieses Leid mit der ihr angeborenen Selbstdisziplin und Tapferkeit. Keiner sollte merken, was sie bewegte.

Auch mich erschütterte dieser Tod zutiefst und nachhaltig. Meine sechsmonatige Begleitung an seinem Krankenbett zeigte nur zu deutlich, dass hier keine Hilfe mehr möglich war.

Die letzte Lebenszeit und der Tod von Godela Orff

Godela Orff schrieb, zeichnete und – dachte … bis in ihre letzten Tage hinein…

…eine Zeichnung für meinen Geburtstag

Es waren die Monate Februar bis April 2013. Die letzte Lebenszeit von Godela Orff auf dieser Welt war gekommen!
Sie war überschattet von Ängsten und den Fragen des „Nachher.“ Es schien, als ob alte Wunden wieder aufgebrochen waren, erneut bluteten…
Fragen im Zusammenhang mit ihrem Vater wurden gestellt und sehr eindringlich die Frage des Übergangs vom Leben in den Tod…

Man hatte zu bejahen, wo es richtig war und zu verneinen, wo es hilfreich für sie war. Man versuchte, sie von ihren Ängsten und Qualen zu befreien!

In den frühen Abendstunden des 06. April 2013 stirbt Godela Orff!
Wie schon bei ihrer Mutter, Alice Solscher, die mich bat, sie bei ihrem Sterben zu begleiten, war es mir vergönnt, meine Frau bis zu ihrem letzten Atemzug zu umsorgen.

Mit dem Tod von Christoph Florian Büchtemann und dem Tod von Godela Orff-Büchtemann ist die Orff-Bühne leer geworden!

Auf dem Friedhof in Unteralting bei Grafrath, auf der Grabstätte der Eltern von Carl Orff, haben Christoph Florian Büchtemann und nun auch Godela Orff ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Auf dem Grabstein ist die Philosophie von Godela Orff zu lesen:

„Der Tod ist die Befreiung, die Errettung, die Erlösung.“

Manchmal am Abend sah ich eine Katze auf den Grabstein liegen…  

 

Geschafft! Rief Godela Orff aus, als ihr Buch Mein Vater Carl Orff und ich auf den Markt kam. Dieses Bild sollte auf der Rückseite des Buches stehen. Aber der Verleger weigerte sich.

Jetzt steht es hier und erhält seine besondere Bedeutung.

 

Geschafft!